Elke Schwab: Tödliche Besessenheit. Ein Baccus-Borg-Krimi

Elke Schwab: Tödliche Besessenheit. Ein Baccus-Borg-Krimi, Münster 2015, Solibro-Verlag, ISBN 978-3-932927-95-9, Softcover, 329 Seiten, Format: 12,1 x 2,8 x 19,2 cm, Buch: EUR 12,80 (D), EUR 13,20 (A), Kindle Edition: 8,99.

Abbildung: (c) Solibro-Verlag
Abbildung: (c) Solibro-Verlag

Saarbrücken: Juliane Pfeiffer, 28, hat nur schnell einen Verwandtenbesuch gemacht. Als sie in die Villa zurückkehrt, liegt ihr Mann, der Immobilienmakler Udo, 38, tot im Schlafzimmer – brutal ermordet.

Die ermittelnden Kommissare, Lukas Baccus und Theodor Borg, sehen sich mit einer Vielzahl von Verdächtigen konfrontiert. Erfolgreiche Geschäftsleute sind oft nicht zimperlich und machen sich eine Menge Feinde. Ganz sauber dürften Pfeiffers Geschäfte auch nicht gewesen sein, wenn er mit dem Kredithai Peter Meyer kooperiert hat.

Die Witwe und der Kommissar
Viel scheint Juliane Pfeiffer ja nicht von den Geschäften ihres Mannes zu wissen. Aber kann man ihr glauben? So manches, was sie tut und erzählt, passt nicht so recht zusammen. Sie will ihren Mann geliebt haben, aber das hält sie nicht davon ab, Stunden nach seiner Ermordung heftig mit Kommissar Baccus zu flirten. Der geht nur zu gerne darauf ein. Seine Ehefrau Marianne, 32, wird ihm nämlich langsam zu anstrengend. Sie will ein Haus und ein Kind und er will nichts dergleichen. Es dauert gar nicht lange, und der Kommissar hat ein Verhältnis mit der attraktiven Witwe.

Als Kollege Theo Borg das mitbekommt, kriegt er die Krise: So nahe dürfen ermittelnde Beamte einem Tatzeugen oder möglichen Tatverdächtigen niemals kommen! Wenn das bekannt wird, ist der Teufel los. Baccus und Borg stehen sowieso wieder einmal unter verschärfter Beobachtung. Man verdächtigt sie (zu Unrecht!), Insiderwissen über aktuelle Mordermittlungen an die Presse weitergegeben zu haben. Hätten die Kommissare weniger mit ihren privaten Befindlichkeiten zu tun, hätten sie das Informations-Leck bestimmt längst gefunden. Aber Baccus ist vollauf damit beschäftigt, zu springen, wenn Juliane pfeift. Egal, dass Borg sie für tatverdächtig hält, egal, wie oft er sie beim Lügen ertappt und egal, dass seine Frau ihn wegen Juliane verlassen hat. Offenbar denkt Baccus derzeit nicht mit dem Kopf. Theo Borg verfolgt derweil still und leise seine eigenen Ziele.

Bald gibt es weitere Vermissten- und Todesfälle, die mit den Pfeiffers in Verbindung zu bringen sind. Entweder steckt Juliane da ganz tief mit drin, oder jemand benutzt sie ohne ihr Wissen. Lukas Baccus’ Kollegen durchleuchten ihre Vergangenheit, was sich aufgrund verworrener Familienverhältnisse als ziemlich schwierig erweist. Verrennen sich die Ermittler da in etwas, weil sie die verlogene und hochnäsige Juliane nicht leiden können, für die Baccus sich so zum Affen macht? Anstatt alte Familiengeschichten aufzurollen, sollten sie vielleicht mal der Spur des schwarzen Mercedes mit den getönten Scheiben nachgehen, der öfter in Zusammenhang mit der aktuellen Mordserie gesehen worden ist.

Was die Ermittler nicht wissen, weil die Autorin es nur uns Lesern verrät: Hier kann kein übervorteilter Kunde und auch kein planloser Provinzganove am Werk sein. Die denken ganz anders als dieser Mörder. Die Polizei ist anscheinend komplett auf dem Holzweg …

Ein abgebrühtes Luder
Wie hängt das alles zusammen? Was weiß Juliane wirklich? Und kann ein einzelner Mensch überhaupt so dämlich sein wie Kommissar Lukas Baccus? Er riskiert Ehe, Job und gleich mehrfach sein Leben für eine Frau, die ihn nur anlügt und ausnutzt! Gut, Polizisten und Romanhelden sind auch nur Menschen. Aber Baccus, dieser sch***gesteuerte Gimpel, konnte bei mir keine Sympathiepunkte sammeln und seine abgebrühte Geliebte erst recht nicht. Ich habe schon verstanden, dass sie eine armselige Jugend hatte und dass nur ihre Schönheit und ihre Verführungskünste sie aus dem deprimierenden Milieu herausgeführt haben. Sie hat „nach oben“ geheiratet. Natürlich wird sie im Notfall immer auf die Methoden zurückgreifen, die sich für sie bewährt haben. Trotzdem war mir dieses berechnende Luder von Herzen unsympathisch. Wer schon wenige Tage nach dem Tod des geliebten Partners lustig durch fremde Betten turnt, dem traue ich alles zu, nur nichts Gutes.

Ich habe gehofft, dass Juliane schuldig ist und in den Knast kommt und dass der Einfaltspinsel Lukas Baccus ordentlich eins auf den Deckel kriegt. Das, zusammen mit dem Wunsch, den Mörder und seine Beweggründe zu entlarven, war eine starke Motivation, den Krimi zügig durchzulesen. Man muss die Romanhelden also nicht lieben, um einen Krimi zu genießen. Wenn man sich wunderbar über sie aufregen kann, passt’s auch.

Baccus’ Ermittlerkollegen sind auch nicht unbedingt Sympathieträger. Der Umgangston ist rau und aggressiv und manche Äußerung wäre glatt ein Fall für den Personalrat. Möglicherweise wird man so, wenn man Tag für Tag in die Abgründe der Mitmenschen blickt. Die trockenen Kommentare, die gelegentlich fallen, lassen einen trotz der grausigen Details auflachen. Manch eine Nebenfigur ist vielleicht ein bisschen plakativ geraten: der schmuddelige Kollege Boehme, zum Beispiel, der bibelfeste Drogenfahnder Marx oder B. & B.s pfundiger Chef Allensbacher.

Wer hat hier wen in der Hand?
Ein rundes Dutzend Polizisten, ein weiteres Dutzend Personen aus dem persönlichen Umfeld der Pfeiffers sowie ein halbes Dutzend Verdächtiger – es dauert eine Weile, bis man das Romanpersonal kennt. Wer mit wem welche Spielchen spielt und wer wen womit in der Hand zu haben glaubt, ist ohne Notizen kaum zu überblicken. Doch das ist zum Glück nicht der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte.

Gewundert hat mich, warum TÖDLICHE BESESSENHEIT in den Medien als Elke Schwabs Erstlingswerk bezeichnet wird, wo die Autorin doch schon über ein Dutzend Bücher veröffentlicht und diverse Preise bekommen hat. Und wie kann das Buch Band 1 der Baccus- und Borg-Reihe sein, wenn Band 2, 3 und 4 längst auf dem Markt sind? Des Rätsels Lösung: TÖDLICHE BESESSENHEIT ist vor 15 Jahren schon in einem anderen Verlag erschienen und wurde jetzt, nachdem die B. & B.-Reihe im Solibro-Verlag so erfolgreich ist, dort neu aufgelegt.

Für mich war es der erste Roman von Elke Schwab, auch wenn mir die Autorin schon lange ein Begriff ist. Und jetzt wäre es natürlich interessant zu sehen, wie die Geschichte mit Lucas Baccus und seinem Kollegen, dem „Krisengewinnler“ Theo Borg, weitergegangen ist.

Man muss sich nicht in Saarbrücken auskennen, um an dem Krimi Spaß zu haben, aber natürlich ist die Lektüre für alle, die bei der bloßen Erwähnung eines Stadtteils oder Straßennamens schon ein komplettes Bild im Kopf haben, ein besonders Vergnügen. Das ist ja das Schöne an den Regionalkrimis! Und was die einen bedauern und die anderen begrüßen werden: Kein Mensch in dem Buch spricht Dialekt! 😉

Die Autorin
ist am 1964 in Saarbrücken geboren und im Saarland aufgewachsen. Nach dem Gymnasium hat sie über zwanzig Jahre im Saarländischen Sozialministerium gearbeitet. Die Nähe zu Frankreich hat sie genutzt und sich ein altes Bauernhaus gekauft. Dort lebt sie mit ihrem Mann, ihren Pferden, ihrem Esel und ihren Katzen. Im Februar 2013 wurde der Autorin der „Saarländische Autorenpreis in der Kategorie Krimi“ verliehen! Am 6. Dezember 2013 wurde sie mit dem Kulturpreis für Literatur des Landkreises Saarlouis ausgezeichnet. Und im März 2014 gelang es ihr erneut, den Saarländischen Krimi-Preis der Buchmesse „HomBuch“ zu gewinnen.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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