Tina Zang: Ein Schuljahr voller Zauberei. Bruchpilot statt Pausenbrot, Band 4 (ab 8 J.)

Abb.: (c) arsEdition

Tina Zang: Ein Schuljahr voller Zauberei. Bruchpilot statt Pausenbrot, Band 4 (ab 8 J.), München 2024, arsEdition, ISBN ‎978-3-8458-5714-5, Hardcover mit goldfarbener Prägung, 144 Seiten mit zahlreichen s/w-Illustrationen von Sandra Reckers, Format: 14,7 x 1,9 x 21,5 cm, Buch: EUR 14,00, E-Book: 978-3-8458-5886-9 / EUR 9,99.

Ach, jetzt ist diese wunderbare Reihe schon zu Ende! Schade! Denn obwohl ich schon längst nicht mehr zur Zielgruppe gehöre, habe ich mich köstlich amüsiert über all den einfallsreichen Schabernack, den das magiebegabte Klassenzimmer vier Bände lang getrieben hat. Und über seine kreativen Auslegungen der Zaubersprüche sowieso! 😀

Mir war klar, dass die Geschichte ihr Ende finden wird, sobald die Viertklässler aus dem magischen Klassenzimmer ausziehen und auf weiterführende Schulen wechseln. Denn seine „zauberhaften“ Aktivitäten hat der Raum nur dann voll entfaltet, wenn ein männliches Mitglied der Familie Auerhahn die Finger im Spiel hatte. Neue Klasse, neue Helden, ganz ohne „Auerhähne“ – das hätte nicht funktioniert.

Mit Alois Auerhahn hat der Spuk vor 70 Jahren angefangen. Er hatte ein Zauberbuch in die Schule mitgebracht, wodurch der Raum überhaupt erst seine Fähigkeiten erlangt hat. Reaktiviert wurden sie jüngst durch die Zauberversuche seines Enkels Felix, dessen Klasse in diesem Raum unterrichtet wird.

Jetzt heißt’s also mit einem krachenden Finale Abschied nehmen von all dem wilden Zauber, von Felix Auerhahn, seiner Familie und seinen Kameraden, von den drei singenden Pausenmäusen und dem Skelett Liebhinrich, dem permanent der Schalk im knochigen Nacken sitzt. Und vom skeptischen Lehrer Blitzke, der immer wieder um eine angemessene Formulierung ringt. Klappt oft erst beim dritten Anlauf:

„Ja, leckt’s mich doch am … Dingsda.“ Bernhard Blitzke stand in der Tür und riss die Augen auf. „Verzeihung. Ich glaub mein Schwein pfeift. Ich meinte: Das ist ja eine gelungene Überraschung.“ 

(Seite 47)

Der Kerl wird mir fehlen. 😊

Fangen wir von vorne an: Was passiert hier? Viertklässler Felix kommt auf die Idee, sich von den ihm bekannten Zaubersprüchen zu lösen und eigene zu entwickeln. Das kann ja nicht so schwer sein: auf Italienisch müssen sie sein und sich reimen. Und dann muss man sich noch eine passende Geste dazu ausdenken, fertig. Italienisch spricht er zwar nicht, aber wozu gibt’s das Internet?

Erster Versuch: Das Skelett im Klassenzimmer soll einen Kopfstand machen. Ja, denkste! Hat das magische Klassenzimmer schon bei den herkömmlichen Zaubersprüchen selbst entschieden, wann und wie es sie umsetzt, handelt es auch dieses Mal nicht im Sinne des Erfinders und verursacht ein mächtiges Chaos. Ähnlich eigenwillig reagiert es auf Felix‘ Versuche, dem neuen Mitschüler Chung einen Freund und seinem Nebensitzer und besten Kumpel Oskar mehr Mut zu zaubern.

Chung hat auf einmal eine ebenso eigenwillige wie anhängliche Drohne an der Backe (süüüß!) und der sonst so vorsichtige Oskar wird derart risikofreudig und übermütig, dass sein Umfeld sich Sorgen macht. Aber Felix hat es einfach nicht fertiggebracht, seinen besten Freund weiterhin als Angsthasen durchs Leben gehen zu lassen. Und weil Oskar sich immer vor allem fürchtet, konnte er ihn nie in seine magischen Aktivitäten einweihen. Das kann er nur mit Bernie besprechen. Der kennt zwar durch seine Familie die Vorgeschichte des Zauberbuchs, aber er liegt mit Felix nicht so auf einer Wellenlänge wie Oskar es tut.

Schlimm ist, dass Oskar nicht erfahren darf, warum Felix sich neuerdings mehr mit Bernie abgibt als mit ihm. Oskar ist verletzt, eifersüchtig und beleidigt, fühlt sich allein gelassen und von seinem besten Freund verraten. Das kann man ihm als Leser:in so richtig nachfühlen. Der Ärmste! Aber vielleicht wird das wieder, wenn er auf magische Weise etwas mehr Mut und Selbstvertrauen bekommt.

Hat dieser Mut-Zauber etwa Nebenwirkungen? Vielleicht Halluzinationen? Oskar schwört nämlich Stein und Bein, einen Mann mit gelbem Umhang auf dem Dach des Schulgebäudes gesehen zu haben, der sich urplötzlich in Luft aufgelöst hat. Nicht einmal Felix kann sich darauf einen Reim machen.

Was die Jungs nicht wissen: Das Zauberbuch, das Opa Alois seinerzeit in einer alten Mühle gefunden hat, wird in der magischen Welt vermisst. Jetzt endlich haben die Magier seine Spur gefunden und einen Abgesandten geschickt, der es wieder zurückholen soll. Nur wie, wenn dessen Zauberkraft im Klassenzimmer steckt und vom Buch selbst nur noch das Lesebändchen übrig ist?

Bis sich alles klärt, geht’s noch ganz schön rund in der Geschichte. Da wird gezaubert, gefeiert, geklettert, geflogen – und alles steht Kopf. Und auch der erwachsene (Vor-)Leser erlebt so manche Überraschung. – Ich hör‘ ja sonst das Gras wachsen, aber auf diese Auflösung wäre ich nie im Leben gekommen!

Wird der Abgesandte der Magier tatsächlich sämtliche Magie aus unserer Welt abziehen? Das wäre aber arg fad! Das haben wir im letzten Band gesehen, als Felix den Klassenzimmerzauber vorübergehend „abgeschaltet“ hatte. Also, ein wenig Magie könnte unserer Welt nicht schaden. Die sollen uns ein bisschen was davon dalassen!

Wenn Felix‘ Klassenkamerad Chung von den Eskapaden des „Smart Homes“ seiner Familie berichtet („Unser Haus ist abgestürzt!“, Seite 24), erinnert mich das an die Kapriolen des magischen Klassenzimmers. Das Smart Home macht auch nur, was es will, und schert sich nicht um Anweisungen. Man könnte meinen, die Technik sei die neue Magie. Doch das magische Klassenzimmer hatte Humor und Haltung – es mochte z.B. keine Mobber und keine Streber. Sowas sehe ich bei der Technik nicht. Aber das kann ja noch kommen …

Tina Zang schreibt und übersetzt seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendbücher. Sie ist Jahrgang 1960, lebt in Auenwald (was genau so idyllisch ist, wie es sich anhört) und genießt die Abwechslung zwischen der eher einsamen Schreibarbeit und den spannenden Reisen zu Lesungen, Recherchezielen, Autorentreffen und Workshops.

Sandra Reckers lebt in Münster und hat dort Grafikdesign mit dem Schwerpunkt Illustration studiert. Seit ihrem Abschluss 2001 arbeitet sie als freiberufliche Illustratorin für verschiedene Verlage und hat bereits zahlreiche Kinderbücher illustriert.

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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
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